Gerd Schumann, Donostia (San Sebastian)
Mit einem Reiseverbot versucht Spaniens Justiz derzeit, die Teilnahme
von Arnaldo Otegi an der Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin zu
verhindern. Otegi, Sprecher der verbotenen Partei Batasuna (Einheit),
bestätigte am Donnerstag gegenüber junge Welt, daß sein beim
zuständigen Gericht eingereichter Antrag auf einen Berlin-Aufenthalt
vom 12. bis 14.Januar »definitiv abgelehnt« worden ist. Diese
repressive Maßnahme »ist lediglich der Anfang von dem, was noch kommen
wird«, befürchtet Otegi. Es könne sein, daß insbesondere der baskischen
Linken eine neue, ungeahnte Unterdrückungswelle bevorsteht. Im
Baskenland löste der Angriff auf die Bewegungsfreiheit des prominenten
Politikers der linken baskischen Unabhängigkeitsbewegung starke
Diskussionen aus. Die Zeitung Gara kommentierte am Donnerstag, Otegi
stehe »wieder einmal im Zentrum gerichtlicher Verfolgung«.
Als
Begründung für die höchstrichterliche Entscheidung wurde angeführt, es
sei »unabdingbar«, daß sich der Batasuna-Sprecher wegen verschiedener
Ermittlungsverfahren »innerhalb des nationalen Territoriums befindet
und jederzeit der Audienca Nacional (Oberster Gerichtshof) zur
Verfügung steht«. Neben einigen nicht abgeschlossener Strafverfahren,
darunter eines wegen »Majestätsbeleidigung«, führte
Audienca-Staatsanwalt Carlos Bautista laut El Pais vom Donnerstag den
Auftritt Otegis auf einer Pressekonferenz »im Namen Batasunas« an. Da
Batasuna verboten ist, sei dieser illegal gewesen. Otegi hatte sich am
Samstag vor der Presse in Donostia (spanisch: San Sebastian) zum
mutmaßlich von der Untergrundorganisation ETA zu verantworteten fatalen
Autobombenanschlag auf ein Parkhaus des Madrider Flughafens Barajas
geäußert und den Opfern und Angehörigen sein Mitgefühl ausgesprochen.
Zugleich hatte er sich eindeutig für eine notwendige Fortsetzung des
Friedensprozesses engagiert – eine Position, die von wichtigen Teilen
des politischen Spektrums im Baskenland geteilt wird.
In einem
ausführlichen Exklusivgespräch mit junge Welt, das in der
Wochenendausgabe veröffentlicht wird, verweist Otegi darauf, daß es zu
einer »politischen Lösung des bestehenden Konfliktes keine Alternative«
gibt: »Alles andere ist auf Sand gebaut.« Voraussetzung hierfür sei
allerdings eine »Ablehnung jeglicher Gewalt«, also nicht nur die von
ETA, sondern ebenfalls die vom spanischen Staat verübte. Madrid habe
auch nach dem Beginn der Waffenruhe der Untergrundorganisation vom 22.
März 2006 weiter repressiv agiert, Razzien und Verhaftungen
vorgenommen. Nunmehr, nach dem Anschlag vom 30. Dezember, befindet sich
der Friedensprozeß laut Otegi in einer »enormen Krise«. In diesen
komplizierten Zeiten gelte es umso mehr für die Linke, sich trotz aller
Turbulenzen für eine »Dialoglösung« einzusetzen.
Otegi war von
junge Welt und Cuba Si im Herbst vergangenen Jahres zur XII.
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 13. Januar 2007 eingeladen worden, hatte
seine Teilnahme zugesagt und wollte sich zum Motto »Das geht anders –
united, unido, vereint« mit Fragen des Kampfes um Unabhängigkeit und
Sozialismus am Beispiel des Baskenlandes auseinandersetzen – ein
angesichts der zugespitzten Lage noch brisanter gewordenes Thema. Trotz
Reiseverbot gibt sich Otegi aber zuversichtlich. Derzeit werde alles
versucht, »damit ich trotzdem auf der Konferenz zu Wort komme«.